Patrizia Fiala ist Österreichs erste Erasmus+ GREEN Sonderbotschafterin. Seit zwölf Jahren setzt sie sich für Nachhaltigkeit ein und nutzt dafür auch gezielt Erasmus+ Projekte. Als Elementarpädagogin ist sie sowohl in der Lehre an der Pädagogischen Hochschule Burgenland als auch in der Praxis an der Volksschule Gloggnitz aktiv. Im Interview verrät Fiala mehr über ihre Ziele und Visionen und wie sie die Erasmus+ Programmpriorität „Umweltschutz und Bekämpfung des Klimawandels“ umsetzt.
Sie sind als Erasmus+ GREEN Botschafterin ausgezeichnet worden, welche Ziele und Aufgaben haben Sie sich für das Jahr gesetzt? Was möchten Sie als GREEN-Sonderbotschafterin bewirken?
Ich möchte als GREEN-Sonderbotschafterin dazu beitragen, dass Nachhaltigkeit so wie in meiner Stammschule am Schulzentrum in Gloggnitz zum fixen Bestandteil des Qualitätsplans möglichst vieler Schulen wird und die dazugehörigen Aktivitäten automatisch in den Schulalltag einfließen. Um diesen Vorsatz bestmöglich umzusetzen zu können, gestalte ich an meiner Schule jährlich verschiedenartige Projekte zum Thema „Nachhaltigkeit“ und versuche dabei auch aktiv als Multiplikatorin für interessierte Schulen zu agieren.
Welche Visionen haben Sie für das Erasmus+ Programm im Hinblick auf die horizontale Priorität „Umwelt und Bekämpfung des Klimawandels“?
Der Erhalt und der Schutz der Umwelt betrifft uns alle und Schulen bzw. Bildungseinrichtungen sind ideal, um die heranwachsende Generation für diesen speziellen Themenbereich zu sensibilisieren. Ich habe deshalb meinen Forschungsfokus an der Hochschule auf das Thema „Schools as Living Labs“ gelegt, um zu erforschen, wie die praktische Umsetzung bestmöglich zu gestalten ist. Derzeit steuere ich dazu eine europaweite Umfrage für Lehrer/innen an diversen Bildungseinrichtungen, welche die genauen Bedürfnisse und Ansprüche analysiert und als Basis für alle weiteren Aktivitäten dienen wird.
In welchem Alter sollte Ihrer Meinung nach begonnen werden Menschen für das Thema Umweltschutz zu sensibilisieren? Wieso ist das so wichtig? Worauf ist dabei zu achten?
Das Thema Umweltschutz ist an kein spezielles Alter gebunden und sollte im Alltag jeder Generation automatisch umgesetzt werden. Dafür ist es notwendig, dass schon in der Elementarpädagogik gezielte Aktivitäten stattfinden, um den Grundgedanken im Alltag zu verankern. Da ich selbst Elementarpädagogin bin, habe ich dieses Thema auch in meiner beruflichen Praxis umgesetzt und besonders wichtig erscheint mir dabei, dass es zu keinerlei Zwängen kommen sollte. Wo Menschen durch Druck oder Zwang dazu gebracht werden Inhalte umzusetzen, entwickelt sich oft Abneigung oder Hass auf den jeweiligen Themenbereich. Dies sollte allerdings vollkommen vermieden werden. Deshalb sind altersadäquate Aktivitäten, welche die Neugierde der heranwachsenden Generation für das Thema Umwelt wecken viel zielführender. Wenn man es schafft Kinder und Jugendliche für ein Thema zu faszinieren, dann entwickeln sie in der Folge bedingt durch die eigene Neugierde eine intrinsische Motivation, welche dazu führt, dass der Bereich von sich aus selbst erforscht wird.
Warum soll das Thema Umwelt einen zentralen Punkt in der Pädagog/innenbildung einnehmen? Welche Schwerpunkte werden an Ihren Organisationen, der PH Burgenland und der VS Gloggnitz, gesetzt? Worauf ist Allgemeinen bei der Lehrtätigkeit an Schulen und auch an PHs Ihrer Meinung nach im Hinblick auf die Umsetzung der horizontalen Priorität „Umwelt und Bekämpfung des Klimawandels“ zu achten?
Das Thema Umwelt und deren Erhaltung ist ein zentraler Punkt der Gesellschaft und selbstverständlich auch der Pädagog/innenbildung, welche sich mit den Inhalten des Unterrichts der kommenden Generationen auseinandersetzt. Um diesem Anliegen optimal Folge zu leisten, wurde an der Pädagogischen Hochschule Burgenland der Schwerpunkt „Lernraum Natur“ ins Leben gerufen, welcher in der Ausbildung, als auch im Masterstudium gewählt werden kann. Mittlerweile wird dieser Studiengang von Studierenden aus den verschiedenen Bundesländern, als auch aus europäischen Nachbarländern besucht. Das Hauptanliegen besteht darin, dass den Studierenden durch praktischen Unterricht vermittelt wird, wie das Thema „Umwelt – Umweltschutz“ im eigenen Unterricht bestmöglich und kindgerecht umgesetzt werden kann. Auch hier steht klar die Erweckung der Neugierde als Triebfeder für weitere, eigenständige Tätigkeiten im Umweltbereich im Vordergrund.
In Ihren Projekten involvieren Sie immer auch regionale Player. Wie schaffen Sie es diese anderen Organisationen und Unternehmen für Ihre Themen und eine Zusammenarbeit zu gewinnen? Was würden Sie diesbezüglich anderen Projektträger/innen empfehlen? Worin sehen Sie den Mehrwert bei dieser Zusammenarbeit?
Die Zusammenarbeit mit regionalen Organisationen, Unternehmen, Schulen und Sachverständigen ist die perfekte Grundlage, um den Kindern, Jugendlichen und Studierenden zu zeigen, dass die Beschäftigung mit der Umwelt und deren Schutz viele unterschiedliche Bereiche involviert und demnach auch sehr individuell und differenziert gestaltet werden kann.
Besonders im Umweltbereich ist eine Vernetzung von unterschiedlichen Berufs- und Bevölkerungsgruppen sehr bereichernd, da jeder seinen persönlichen Teil dazu beitragen kann und nur so durch intensive Zusammenarbeit die Umwelt erhalten und geschützt werden kann. Ich empfehle deshalb eine möglichst vielfältige Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Projektpartnern aus allen sozialen und wirtschaftlichen Bereichen. Es ist äußerst bereichernd für jedes Projekt und jede Aktion, wenn der geplante Inhalt von verschiedensten Seiten her betrachtet wird, denn verschiedene Blickwinkel eröffnen den Zugang zu verschiedenen Ideen.
Grundsätzlich glaube ich, dass ein Großteil der Firmen, Unternehmen, Vereinen etc. an einer Zusammenarbeit mit Schulen interessiert sind, wenn sie nur entsprechend gefragt und für das Projekt begeistert werden.
Die Europäische Kommission empfiehlt allen Projektträger/innen die Priorität „Umweltschutz und Bekämpfung des Klimawandels“ bei der Umsetzung von Projekten mitzudenken, auch wenn thematisch im Projekt andere Inhalte im Vordergrund stehen. Was kann Ihrer Meinung nach in der Projektumsetzung alles getan werden, auch wenn der inhaltliche Fokus eines Projekts ganz woanders liegt?
Es ist eigentlich sehr einfach die Priorität bei jedem Projekt umzusetzen, auch wenn die inhaltlichen Schwerpunkte woanders liegen. So kann zum Beispiel schon bei der Projektentwicklung darauf geachtet werden, dass grundsätzlich „green travel“ Methoden gewählt werden, dass bei jedem Projektpartner im Alltag auf spezielle Werte geachtet wird (z.B. Mülltrennung, Verzicht auf Plastik, …) und dass bei der Projektumsetzung in allen Teilbereichen auf die Umwelt geachtet wird (Verzicht auf Plastik bei Festen und Workshops, Einkauf regionaler Produkte für die Projektumsetzung etc.). Wichtig wäre dabei, dass wirklich auch auf die aktive Einhaltung dieser „kleinen“ Schritte während des Projektes geachtet wird. Diese Aufgabe könnte zum Beispiel im Rahmen jedes Projektes eine Projektumweltgruppe übernehmen, welche dann auch gleich die Multiplikatoren-Funktion für kommende Projekte übernehmen kann.
Neben der Priorität „Umwelt und Bekämpfung des Klimawandels“ ist auch „Teilhabe am demokratischen Leben, gemeinsame Werte und bürgerschaftliches Engagement“ eine der vier horizontalen Prioritäten des Erasmus+ Programms. Wie lassen sich die zwei Prioritäten Ihrer Meinung nach verbinden? Verbinden Sie diese Priorität in Ihrer Arbeit und falls ja, in welcher Art und Weise?
Diese beiden Prioritäten lassen sich sehr gut verbinden, da bürgerschaftliches Engagement den Grundstock für den Schutz der Umwelt bildet. Ich versuche sowohl in der Schule als auch an der Hochschule das Interesse der Lernenden durch praktische Beispiele zu wecken. So setzten wir zum Beispiel bei den letzten #ErasmusDays das Projekt „Bat hometown Gloggnitz“ um. Dafür besuchten wir eine Höhle im Bezirk, in welcher gefährdete Fledermausarten nisten, und durften Spezialführungen mit Fledermausexperten erleben. Dann bauten wir in der Schule über 200 Fledermauskästen, welche Kinder mit Gärten zu Hause auf Bäumen montierten und Kinder ohne Gärten zusammen mit dem Gloggnitzer Bauhof auf Bäumen im Stadtgebiet montierten, sodass Fledermäuse jetzt in der ganzen Stadt gute, geschützte Plätze finden können. So hoffen wir einen Teil zum Erhalt dieser besonderen Tiere beitragen zu können. Die Kinder haben mit viel Begeisterung mitgearbeitet und besuchen und kontrollieren ihre Kästen regelmäßig. So konnte zum Beispiel das Interesse für diesen speziellen Umweltbereich geweckt werden.