In der näheren Auswahl für mein Auslandssemester standen auch die USA und Georgien – ich entschied mich aber dann für die ungewöhnlichste Möglichkeit – Uganda –, ganz nach meinem Motto: je größer der Kulturschock, desto besser! Am Flughafen, kurz vor der Abreise, war mir etwas mulmig zumute. Angekommen in Entebbe, ließ der freundliche Empfang aber all meine Bedenken verfliegen.
This is Uganda – afrikanische Entschleunigung
Sogenannte Matatus, kleine Taxibusse, brachten uns jeden Tag zur Universität. Das Unigelände – stets von bewaffnetem Militär überwacht – war holprig und chaotisch. Ich brauchte mehrere Tage, um mich nicht mehr zu verlaufen. In den ersten Tagen organisierte der Studienlehrgangsleiter für uns eine Fahrt in die Hauptstadt Kampala, um Visumsangelegenheiten zu klären. Er kam jedoch ganze vier Stunden zu spät und somit standen wir dann in Kampala vor verschlossenen Türen. Anstatt sich darüber aufzuregen, lachten alle Beteiligten darüber und meinten mit einem breiten Lächeln nur „This is Uganda“. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich nicht, wie oft ich diesen Satz noch hören würde. Ich gewöhnte mich schnell an die afrikanische Entschleunigung und lernte die ansteckende Gelassenheit der Uganderinnen und Ugander lieben.
Neue Zugänge zur Masterarbeit
Die wöchentlichen Gespräche mit den beiden Professoren, die meine Masterarbeit betreuten, waren immer wieder aufregend. Die Struktur der Diplomarbeiten in Uganda ist anders und es dauerte eine Weile, bis ich mich zurechtfand und meine Recherche intensiv starten konnte. Auch der Zugang der Betreuer ist ein völlig anderer – sie legten großen Wert auf die Hintergründe und Herleitung des Themas. Generell hatte ich den Eindruck, dass ugandische Studierende sehr genau und leidenschaftlich arbeiten. Eventuell auch, weil das Studieren dort ein Privileg ist und es nicht als selbstverständlich gesehen wird?
Recherche in Bergdörfern
Für meine Masterarbeit-Recherche reiste ich bis nach Ost-Uganda, um in abseits gelegenen Bergdörfern nach Bambuskonstruktionen zu suchen und diese zu analysieren. Dort war ich eingeladen, bei einem Bekannten und seiner Familie in einem kleinen Dorf namens Busano in Mbale zu wohnen. Mitten im Nirgendwo in beeindruckender Landschaft, ohne Strom und ohne Wasser, tauchte ich tief in den puren Alltag der Uganderinnen und Ugander ein. Ich habe extreme Armut erlebt. Die Menschen machten jedoch das Beste aus jeder Situation und versprühten trotz allem eine ansteckende Fröhlichkeit. Ich verbrachte in diesem Bergdorf einige der prägendsten und schönsten Tage meines Lebens. Nach meinem Studienabschluss im Herbst 2018 bin ich kurzzeitig nach Uganda zurückgekehrt, um beim Aufbau von zwei afrikanischen Bambusunternehmen mitzuwirken. Ich denke unglaublich gerne an diesen Erasmus+ Aufenthalt in Uganda zurück und würde mich jederzeit wieder für dieses magische Land entscheiden.
Christina Teusl, Co-Gründerin FEMINDS, Netzwerk für Gründerinnen und Unternehmerinnen